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Maritimes Brauchtum – Mützenband, Kragen und Knoten

Die Überlieferungen:

Beim Umgang mit schwerem Tauwerk an Bord, was die Matrosen über die Schulter legten, kam es zur Verschmutzung der Jacken. Auch war es Brauch auf den Segelschiffen, einen Zopf in zwei- oder dreifacher Flechtung zu tragen, um die auf den langen Seetörns wachsenden, bei der Arbeit störenden Haare zu bändigen. Diese Zöpfe waren meist geteert bzw. gefettet, ein zur Schleife geschlagenes Band hielt alles zusammen.
Damit die Segeltuchjacke sauber blieb, wurde ein viereckiges Stück Stoff bzw. Leder hinter den Nacken gebunden.
Später wurde der Zopf abgeschafft, aber der Kragen blieb. Dieser wurde nun in die Bluse eingenäht. Im Laufe der Zeit wurde zur Verschönerung ein buntes Tuch unter den Kragen gelegt und vor der Brust verknotet.
Aus dem Tuch entstand der Kieler Kragen und dem Knoten der Kieler Knoten.

Die drei Streifen auf dem Kieler Kragen weisen auf die drei Siege Admiral Nelsons hin:
01.08.1798 Aboukir, 22.07.1805 Kap Finisterre und 21.10.1805 Trafalgar. In anderer Version wird die Schlacht 1801 bei Kopenhagen anstatt Kap Finisterre genannt.
In der Schlacht bei Trafalger wurde Admiral Nelson schwer verwundet. Er starb unmittelbar nach seinem Sieg auf seinem Flaggschiff „Victory“.

Als Zeichen der Trauer wurde neben dem schwarzen Schultertuch auch ein schwarzes Band an der Mütze befestigt – das heutige Mützenband. Nach anderer Darstellung soll das Mützenband an die Zöpfe der Matrosen erinnern.
Mit der Aufhebung der Trauer um den Admiral wurde auf dem Knoten des schwarzen Halstuches eine weiße Schleife (Fliege) befestigt.

  

Matrosenuniform in Deutschland:

Friedrich II. führte ca. 1751 als erster in Deutschland für seine Kriegsschiffbesatzungen im Schlesischen Krieg eine einheitliche Uniform ein.
Mitte des 19.Jahrhunderts trugen die deutschen Matrosen ein Schlupfhemd und eine Hose aus blauem Drillich, zu Paraden eine etwas bessere Jacke mit Stehkragen, darunter ein schwarzes, seidenes Halstuch und auf dem Kopf einen Hut mit dem Namensband.

Im Oktober 1848 legte Prinz Albert von Preußen die Matrosenuniform neu fest.
Die Matrosen hatten ein weißes Hemd mit einem Kragen, das mit einem blauen Brustlatz verziert war. Weiterhin ein blaues Hemd mit einem eingefassten Kragen, in den zwei weiße Streifen eingearbeitet waren. Eine Latzhose war vorgeschrieben, aber kein Unterzeug war vorgesehen. Als Kopfbedeckung diente ein niedriger Strohhut mit einem schwarzseidenen Band. Darauf sollten in goldenen Buchstaben die Inschrift „Königliche Marine“ stehen bzw. der Schiffsname. Zur Uniform gehörte auch ein seidenes Halstuch.

Die „Kaiserliche Ordre“ 12.06.1872 verfügte, dass das Mützenband 116 cm lang und 3,2 cm breit und die Enden schwalbenschwanzförmig geschnitten sein sollten. Bis dahin wurde die Länge der Bänder durch die Träger bestimmt, je länger die Mützenbänder waren, um so weiter ist der Matrose weltweit unterwegs gewesen.
Weiterhin wurde ein seidenes Tuch, 92 cm im Quadrat groß, festgelegt. Darin war ein blauer Diagonalstreifen (1,3 mm breit) eingewebt. Angehörige der Nordseeeinheiten trugen den Streifen von rechts unten nach links oben verlaufend; die Angehörigen der Ostseeeinheiten trugen den Streifen von links unten nach rechts oben. Das Tuch sollte zum Schifferknoten gebunden werden. Dieser Knoten sollte mit einer weißen Schleife am Exerzierkragen befestigt werden. Der Kragen wurde mit drei weißen aufgenähten Streifen versehen. (Im Bild Trageweise bei der Deutschen Marine heute)

Seit 1883 wurde ein weißer Mützenbezug für die Mütze eingeführt. Zuvor bekam die Tuchmütze 1881 eine Fischbeineinlage (Gestell). 1884 erhielten alle Mützen die Kokarde.
Die deutsche Schrift auf den Mützenbändern wurde 1929 eingeführt.

  

Seemannstradition in der DDR:

Durch den Befehl Nr. 73 der Hauptabteilung Intendantur vom 06.10.1950 wurde schrittweise die Marineuniform bei der Seepolizei eingeführt. Die Unteroffiziere und Mannschaften sollten bis Ende Oktober 1950 eingekleidet sein. Am 05.12.1950 wurde der Befehl 112 „Bekleidungs- und Anzugsordnung der HVS“ erlassen, sie trat am 10.12.1950 in Kraft.
Zum Ausrüstungssoll gehörten u.a. je zwei Klapphosen und Kieler Hemden, drei Matrosenkragen mit drei aufgenähten weißen Streifen sowie zwei Mützenbänder „Seepolizei“.  (Bild links)

Bei der Volkspolizei See (VP-See) gehörten erstmals zum Ausrüstungssoll auch zwei Kieler Hemden weiß. Die Matrosenkragen wurden nun Kieler Kragen genannt. 
(Bild rechts - wie wurde diese Schleife gebunden?)

Die erste Bekleidungsvorschrift der NVA trat am 15.07.1957 in Kraft. In ihr wurden die Verwendung des Kieler Kragens und erstmals des seidenen Halstuchs bestimmt.

 

 

Das Einziehen des Mützenbandes:
Das Mützenband wurde so eingezogen, dass ein bestimmter Buchstabe sich unter der Kokarde in der Mitte befand. Bei der Seepolizei war es der Buchstabe „o“, bei der Volkspolizei-See das „l“, den Seestreitkräften das „ i “ und bei der Volksmarine das „m“.
Das rechte Ende des Mützenbandes (von hinten gesehen) wird unter den Schlaufen 4, 3 und 2 durchgeführt und über die Schlaufe 1 nach unten durchgezogen.
Die beiden Enden des Mützenbandes sind in gleicher Länge, schwalbenschwanzförmig, glatt zu verschneiden (ein V wie Volksmarine).
 
Die Länge des Bandes sollte wie folgt bemessen sein:
Bei aufgesetzter Tellermütze werden die Bänder von hinten über die Mütze geschlagen. Auf Höhe der Nasenspitze wird das Mützenband geschnitten.
Die Schnittstellen wurden, gegen die Vorschrift, oft mit farblosem Nagellack vor dem Ausfransen geschützt.

    

Das Binden eines Matrosenknotens:
Ein seidenes schwarzes Halstuch, 92 cm im Quadrat, in Wasser einweichen. Tuch mit Kleiderbürste gründlich glatt bürsten. Zeitungspapier so auflegen, dass die beiden unteren Ecken mit dem Tuchrand abschließen. Erneut wässern und glatt bürsten.




Das Tuch zu einem Dreieck halbieren und glätten.
Die Dreieckspitze so weit nach oben einschlagen, dass ein Trapez von ca. 35 cm Höhe entsteht



Von der Schmalseite beginnend das Tuch durch mehrfaches Einklappen etwa 6 cm breiter Streifen bis auf ca. 7 cm an die Oberkante heran verkleinern. Nach jedem Faltschritt kräftig Wasser herausdrücken.
Restlichen Tuchstreifen über die Faltenwulst nach vorn klappen, so dass die gesamte Breite des gefalteten Tuchstreifens 6-8 cm beträgt.


Das zusammengelegte Halstuch an den Enden mit einem halben Schlag versehen, um ein Aufrollen zu verhindern
Das Halstuch mit der geschlossen Bruchkante nach dem Handrücken zeigend über drei Mittelfinger legen (1/3 Länge des Tuches vor, 2/3 hinter den Fingern).








Das lange Ende A um das kurze Ende B schlagen. An der Kreuzungsstelle festhalten und das ganze wenden.
Das lange Ende A einklappen und von oben durchschlingen.







Den Knoten etwas zusammenziehen. (Ansicht von vorn)
Das gesamte Tuch wenden. Das lange Ende A nach innen einschlagen und durchziehen (Rückansicht).









Das Halstuch zum endgültigen Knoten zurren. Zu beachten ist, dass das Querstück zwei Finger breit, das Längsstück (Schlaufe) drei Finger breit ist.
Zum Schluss den Knoten mehrmals auf den Tisch schlagen, damit er schön eckig wird.

Die Trageweise des seidenen Halstuchs am Kieler Kragen:

Die angenähten 1 cm breiten weißen Bändchen am Kieler Kragen bzw. Kieler Hemd weiß sind durch die Schlaufe des Knotens zu führen und vorn zu einer Fliege (Schleife) zu binden.

In der Praxis werden oft „Schummelfliegen“ gefertigt, die mit einem Knopf versehen sind und zwischen die Blusenbändsel geschoben werden, oder nur um den vorderen Teil oder kreuzweise über beide Teile der Knotenschlaufe gebunden sind.

 

 

Ab ca. 1981 gab es vorgefertigte Knoten mit fertiger Schleife und Gummizug, sogenannte „Lutscher“ oder „TGL-Knoten“. Diese Knoten wurden schrittweise eingeführt. Sie entsprachen nicht der Vorstellung der Matrosen von Tradition und wurden abgelehnt.

 

 

 

 

 

© 2011 - 2015 Peter Kieschnick