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Geschützter Gefechtsstand der 6.Flottille
Kap Arkona / Insel Rügen

    

Kap Arkona ist eine 45 m hohe, aus Kreide und Geschiebemergel bestehende Steilküste im Norden der Insel Rügen, auf der Halbinsel Wittow.
Das Kap ist durch seine geographische Lage schon immer für das Militär interessant gewesen, so auch für die Volksmarine.

Der „Geschützte Gefechtstand“, auch Führungsbunker genannt, wurde von 1979 bis 1983 gebaut. Die Tarnbezeichnung war „Objekt 17“. Projektverantwortlich war das VEB Projektbüro Süd in Dresden, beteiligt war auch das zentrale Entwurfs- und Konstruktionsbüro Stralsund.
Die Anlage wurde durch das Marinebaubataillon 18 aus Saßnitz/Dwasieden errichtet.
Dazu wurde der Erdboden abgetragen. Es wurden Betonplatten für die Röhren gegossen, diese hatten 8 cm Unterbeton und eine Dicke von 45 cm. Der Fertigbeton kam von der Mischanlage Martinshafen auf Rügen. Auf dieser Fläche sind dann die einzelnen Fertigteil-Bunker (FB) gebaut worden. Die Betonteile kamen per Zug bis zum Bahnhof Lietzow auf Rügen, wurden nachts auf LKW´s verladen und nach Kap Arkona transportiert. Die drei größeren Röhren Typ FB-75 bestanden aus Betonelementen mit einem Gewicht von je 1,5 t. Diese wurden ua. mit Bolzen verspannt [Bild].
Der Mittelgang ist vor Ort gegossen worden. Durch Wassereinbruch  in die Bunkeranlage nach der Inbetriebnahme musste der Mittelgang mit einer ca. 30 cm dicken wasserundurchlässigen Betonschicht nachträglich dicht gemacht werden (nach 1987). Danach hatte der Mittelgang nur noch eine maximale Höhe von 1,75 m bei einer Länge von 76,60 m und einer Breite von 2,30 m [Bild]. Über den Röhren wurde eine 3 bis 5 Meter hohe Erdschüttung aufgebracht.


Größere Kartenansicht

Während der Bauphase wurden 1985 Luftaufnahmen vom Kap Arkona mit der Bunkerbaustelle gemacht, bevor die Erdaufschüttung erfolgte. Ein Bild davon erschien im Bildband „Soldaten des Volkes“. Damit war die Anlage öffentlich enttarnt! Drei Tage nach Erscheinen des Bildbandes wurde er aus dem Verkehr gezogen. Eine spätere Neuauflage des Bildbandes enthielt das Luftbild nicht mehr.

Die Inbetriebnahme erfolgte 1986. Die Anlage gehörte der „Schutzklasse E“ an. Das war eine geringe Schutzwirkung, es fehlte z.B. eine Zerschellschicht. Deshalb wurde er auch scherzhaft „Kartoffel- oder Pilzbunker“ genannt.
Die Gesamtfläche beträgt ca. 2 000 m². Zwei Eingänge führen über jeweils eine Schleuse zum Mittelgang. Von diesem kann man zu den einzelnen Röhren gelangen. Die Röhren sind aus Fertigbetonteilen montiert worden. Die drei größeren Bunker (in der Prinzipskizze 1 bis 3) entsprachen dem Typ FB-75 und die anderen neun dem Typ FB-3. Hinzu kam noch ein Sanitär-Bauteil [Bild].

Die drei FB-75 Röhren waren mit einer Zwischenetage versehen, die obere Etage diente als Ruheraum / Schlafplätze. Die untere war durch Zwischenwände geteilt. Dadurch wurden einzelne Räume geschaffen, die von einem seitlichen Gang innerhalb der Röhre betreten werden konnten [Zeichnung]. Alle drei Bunker besaßen einen Notausstieg [Bild]. Zwei Luftschleusen bildeten die Verbindung zum Mittelgang.
Größe der Röhre 1 [Bild] und 3 [Bild] – Typ FB-75-1: 31,00 m lang, 7,05 m außen und 5,40 m innen breit, 5,40 m hoch, Wanddicke ca. 30 cm;
Röhre 2 [Bild] – Typ FB-75-2: 21,25 m lang, 7,05 m breit, 5,40 m hoch, Wanddicke ca. 30 cm;
Länge jeweils ohne Notausstieg.

Vom Mittelgang konnte man zu zwei weiteren Notausstiegen [Bild] über jeweils eine Luftschleuse gelangen. Die FB-3 Röhren und das Sanitär-Bauteil hatten zum Mittelgang hin eine Luftschleuse [Bild].
Größe der FB-3 Röhre [Bild]: 8,55 m lang, 3,52 m breit; Sanitär-Bauteil: 9,60 m lang, 3,45 m breit, Wanddicke 12 cm.

Jede Röhre hatte zwei Lüftungsrohre (gesamt ca. 32) zur Oberfläche [Bild], die durch Filter abgesichert waren [Bild].

Zum Betrieb des „Objekts 17“ war außerhalb dieser Anlage ein Gebäude mit Netzersatzanlage (Notstrom) gebaut worden [Bild].
Zwei 24 m hohe Stahlgittermasten mit entsprechenden Antennen waren das äußere Merkmal dieser Bunkeranlage.
Die gedeckten Unterstände für die Kfz waren am 12.11.1987 fertiggestellt [Bild]

Zur täglichen Dienstbesatzung gehörten ein Funkmeister mit weiteren drei Soldaten. Monatlich wurde ein Bunker-Training durchgeführt, bei dem Elemente der Gefechtsbereitschaft geübt wurden. Im Gefechtsstand sollten bis zu 70 Mann ihre Tätigkeit ausüben können. Dies wurde drei- bis viermal  jährlich für zwei bis drei Tage geübt. 
Zwei Röhren (1 und 8) waren für die Führungsgruppe der 24.Brigade der Baltischen Rotbannerflotte vorgesehen – sie war nur einmal da.
Eine Nachrichtenzentrale (ÜSt-4 Saßnitz) war im Fernmeldebunker untergebracht.

Am 03. Oktober 1990 wurde der geschützte Gefechtstand der 6.Flottille stillgelegt. Die Bundesmarine übergab Ende 1994 die Bunkeranlage an das allgemeine Grundvermögen des Bundes.

Der Bunker wurde von der Gemeinde Putgarten am 01.11.1999 erworben und für Ausstellungen hergerichtet. Es erfolgte eine Asbest-Entkernung. Auch  mussten zwei neue Fluchtwege geschaffen werden, indem Erdreich vor zwei Röhren (1 und 3) abgetragen wurde [Bild].
Am 02. Oktober 2004 eröffnete das Bunkermuseum. Ganzjährig finden zu jeder vollen Stunde Führungen durch den Marineführungsbunker statt. Informationen erhalten Sie auf der Homepage des „Fördervereins Kap Arkona e.V“. [hier] und [hier].
Ein Besuch lohnt sich!

           
  
       

Herzlichen Dank für Informationen von H.-J. Bickel.

© 2012 - 2015 Peter Kieschnick