Havarie eines MLR-Schiffes „Krake“ am 09.11.1962

Die „Magdeburg“, am 09.11.1962 von Bord der „Erfurt“ aufgenommen. Gut erkennbar, dass der Backbord-Kutter nicht mehr an Bord ist. (Zur Vergrößerung der Fotos bitte auf das Bild klicken.)

Hierzu ist bereits einiges geschrieben worden und einiges mehr auch als „Buschfunk“ im Umlauf, aber es handelt sich meist nur um halbe Wahrheiten und Vermutungen.
Auch ohne daß uns der entsprechende offizielle Havariebericht vorlag, können wir mit Hilfe authentischer und kompetenter Zeitzeugen den wesentlichen Hergang und insbesondere die Ursachen bzw. Hintergründe aufzeigen.

Das MLR „Magdeburg“ befand sich am 09.11.1962 bei schwerem Wetter (Wind 9, See 6-7) auf Vorposten in der Kadetrinne [Bild], als die Ruderanlage ausfiel und das Schiff dadurch manövrierunfähig wurde. Das sofort eingeleitete Ankermanöver blieb ohne Erfolg. Der Anker hielt nicht, und das Schiff drohte in Richtung dänische Küste abzutreiben. In diesem Zeitraum betraten 2 Angehörige des GA-V, ohne die befohlene Schwimmweste angelegt zu haben und nicht angeleint, vom achteren Quergang her den Seitengang (ob mit Auftrag zur Prüfung der Ruderanlage oder aus Neugier, ist ungeklärt) und wurden von einer überkommenden Sturzsee von Bord gerissen. Als einzige Möglichkeit zu ihrer Bergung wurde daraufhin der Bb-Kutter ausgesetzt, der aber ohne Chance zur Rettung der beiden blieb und selbst aus eigener Kraft nicht mehr zum Schiff zurück konnte, sondern immer weiter abtrieb. Parallel dazu wurden vom OP-Dienst Dienst (OPerativer Dienst) des Kommandos der VM:

a) befohlen: Die „Erfurt“, zu dem Zeitpunkt auf See-Erprobung nach Werftaufenthalt, hatte sofort zur „Magdeburg“ zu laufen und diese ins Schlepp zu nehmen und
b) die Chefs der Hubschrauberkette der Volksmarine und der TSB-Brigade (TS-Brigade) angewiesen, entsprechend der Wetterlage alle Möglichkeiten zur Hilfeleistung zu prüfen.
Die nachstehenden Kräfte meldeten sich dann mit den entsprechenden Aufträgen zum Einsatz:
   -  2 Hubschrauber Typ Mi-4A mit Takt. Nr. 574 und 769 (vom Stützpunkt Parow) hatten bei der Herstellung der Schleppverbindung Hilfe zu leisten
   -  3 TS-Boote Typ 183, die „Heinz Kapelle“, „Max Roscher“ und „Wilhelm Leuschner“ der 2. TSA (TS-Abteilung), zum Seenot-Rettungseinsatz der Kutterbesatzung [offen ist dabei, ob es nur um die Kutterbesatzung ging!].

Trotz intensiver und andauernder Versuche glückte es nicht, eine Schleppverbindung zwischen „Magdeburg“ und „Erfurt“ herzustellen. Die Hubschrauber wurden immer wieder von den Böen abgetrieben. Parallel zu diesen Bemühungen versuchte der LI der „Magdeburg“, einen provisorischen Not-Ruderbetrieb sicherzustellen, was auch schließlich gelang und dem Schiff den Rückmarsch aus eigener Kraft in Richtung Warnemünde erlaubte. Erst dort auf Reede ging sicherheitshalber die „Erfurt“ längsseits und brachte den Havaristen ein. Die „Magdeburg“ lag dann zunächst auf dem Breitling auf „Quarantäne“.
Die Kutterbesatzung wurde von einem TS-Boot geborgen, der Kutter selbst konnte aber nicht abgeschleppt werden. [Zeichnung]
Alle Beteiligten wurden danach geehrt bzw. ausgezeichnet!

Wie bereits eingangs erwähnt, ist zu den Geschehnissen geschrieben worden. Hier einige Hinweise, es gibt sicher weitere Stellen:

Während man bei den erstgenannten Quellen, wie überhaupt vor 1989, „gefilterte“ Informationen und „Hurra“-Artikel gewöhnt ist, ergeben sich zu den Einträgen in den TSB-Chroniken zwangsläufig einige Fragen: Sollte wirklich nur die Kutterbesatzung „gerettet“ werden? Was heißen würde, dass die 2 Mann über Bord da bereits „abgeschrieben“ waren! Nur 9 Mann im Kutter, war das tatsächlich so, oder wird damit „unterstellt“, dass die 2 später Vermißten zur Kutterbesatzuung gehörten? ….

Noch eine Bemerkung zum Ablauf nach Bergung der Kutterbesatzung: Lt. „Buschfunk“, steht evtl. auch irgendwo geschrieben, soll der Kutter mittels MPi-Salve vom TS-Boot „versenkt“ worden sein! Hört sich zwar so richtig nach „Aktion“ an, dürfte aber bereits wegen der Küstennähe zu diplomatischen Verwicklungen geführt haben, außerdem „hätte der Kutter innerlich nur gelacht“, galt er doch wegen seiner Luftkästen als unsinkbar.

Anmerkungen: - Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen wurden zum betroffenen Schiff weder Name noch Bord-Nr. genannt, im Umgang wurde es aber zumeist als „Schwarzer Jack“ bezeichnet. Das dürfte dann nur aus der schwarzen Persenning „abgeleitet“ worden sein (vgl. Bilder) [siehe auch hier].
  - Aus dem danach auf allen „Kraken“ durchgeführten Austausch der Decksluken kann geschlossen werden, dass als Ursache für den Ausfall der Ruderanlage Wassereinbruch im Rudermaschinenraum ermittelt wurde.[siehe auch hier - Bauzustand 1b Punkt 3 Luken].
  -  Der Umgang mit dem in Dänemark angetriebenen Kutter soll auf diplomatischem Wege abgestimmt worden sein.
  - Zu den 2 Vermißten sind keine weiteren Informationen bekannt geworden!

© 2014 Horst Maiwald, Peter Kieschnick