(Stand:01.09.2021 - Bild eingefügt)

Mittleres Landungsschiff Typ „Hoyerswerda“
Projekt 108

NATO-Code: Frosch I

Dieses Schiffsmodell steht im Betreuungsgebäude der Marinetechnikschule. Es ziert einen Raum der Offiziersgemeinschaft.

Anfang der 70er Jahre wurde das Projekt 108 als Nachfolger des Landungsschiffs Typ „Robbe“ gemeinsam durch die Verwaltung Schiffbau und die Peenewerft Wolgast entwickelt.
Das Landungsschiff war ein Glattdecker. Das Ladedeck war nicht vom Bug bis Heck durchgehend. Im hinteren Drittel des Rumpfes lagen die Aufenthaltsräume und die Maschinen- und Geräteräume über die gesamte Schiffsbreite. Die Unterbringung der Besatzung erfolgte in Kammern. Es konnten bis zu 57 Personen untergebracht werden [weitere Informationen].

Vom Projekt 108 wurden insgesamt 12 Schiffe gebaut. Das erste übernahm die Volksmarine am 12.11.1976.
Je sechs Schiffe wurden der 1. und 3. Landungsschiffabteilung zugeordnet. Die Stationierungsorte waren Kröslin bzw. Peenemünde.

Die Bewaffnung hatte man gegenüber dem Vorgänger „Robbe“ stark verstärkt. Die Artillerie bestand aus 57mm- und 30mm-Geschützen. Minen konnten ebenfalls mitgeführt werden.
Für alle Schiffe waren zwei reaktive Geschoßwerfer mit automatischem Mehrfachladesystem vorgesehen. Die ersten vier Schiffe wurden aber damit nicht ausgerüstet. Das erste Schiff, das mit dem Werfer ausgerüstet war, war die Projekt-Nr. 108.05. Im Oktober/November 1977 erfolgte die Erprobung im Adlergrund zwischen Rügen und Bornholm in einem abgesteckten Gebiet. Auch die nachfolgenden Schiffe bis zur Projekt-Nr. 108.08 wurden noch ohne Werfer ausgeliefert, diese aber später nachgerüstet. Abschluß der Nachrüstung war 1984. Die letzten vier Schiffe hatten die Werfer von Anfang an an Bord. Das regelmäßige Werferschießen erfolgte auf kleine Insel vor Tallinn – die Suur-Pakri-Inseln.
Die Schiffe, die kein Geschoßwerfer an Bord hatten, sind später mit zwei Düppelwerfern PK-16 auf dem Werferdeck nachgerüstet worden.
Desweiteren wurden zwei Vierfach-Fla-Raketenstarter FASTA-4M2 nachgerüstet; ob auf allen Schiffen, ist unbekannt.
Vorgesehen waren für alle Schiffe auch zwei Gassensprenggeräte Typ SOSNA 100 [weitere Informationen] auf dem Vorschiff, diese sollen sich in Depots befunden haben.

Bei den Schiffen mit den der Projekt-Nr. 108.09 bis 108.12 wurden Arbeitsmöglichkeiten für einen eingeschifften Stab der Landungskräfte ermöglicht (Projekt 108F).
Das Brigadeführungsschiff war meist die 108.01. War der Abteilungsstab an Bord, erhöhte sich die Besatzung um 5 Offiziere und 3 Fähnriche.

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Die Anlandeübungen wurden bis ca. 1980 hauptsächlich mit dem Mot.Schützenregiment (MSR) 29 aus Prora/Rügen durchgeführt. Da das MSR 29 von Prora nach Hagenow verlegt wurde, übertrug man dem MSR 28 aus Rostock diese Aufgabe. Im Februar 1990 wurde das MSR 28 der Volksmarine direkt unterstellt und erhielt die Bezeichnung „Küstenverteidigungsregiment 18“ (KVR 18). Mit dieser Marineeinheit fand auf Grund der gesellschaftlichen Veränderung keine Seelandungsübung mehr statt.

Das Be- und Entladen der Schiffe konnte an unvorbereiteten Küsten sowie in Häfen erfolgen. Dazu konnten auch Pontons und Panzerfähren verwendet werden. Der Laderaum wurde über die Bugklappe be- und entladen.
Das Beladen der Schiffe erfolgte vorwärts. Dann mussten die Fahrzeuge im Laderaum wenden, um vorwärts anzulanden. Bei der Überlastbeladung musste das letzte Fahrzeug grundsätzlich rückwärts einfahren. Die Beladung des Oberdecks erfolgte über eine absenkbare Auffahrtrampe aus dem Laderaum.

Die Standardbeladung umfasste sieben Panzer T-55 = 252 t und in der Überlastbeladung acht Panzer T-55 = 288 t, oder zwölf Schützenpanzer Typ 60, oder elf Schwimmpanzer PT-76. Für das eingeschiffte Personal gab es 30 Liege- und 50 Sitzplätze.
In der Beladungsvariante als Transportschiff konnten auf dem Oberdeck 7 LKW Typ LO 1800A oder 16 Container und im Ladedeck 27 Container geladen werden, außerdem 44,7 t Dieselkraftstoff zur Übergabe.

Im Januar 1989 wurde vom damaligen Staatsratsvorsitzenden der DDR einseitige Abrüstungsvorhaben der Streitkräfte der DDR verkündet.
Eine Anlandung auf fremdem Territorium wurde nicht mehr in Betracht gezogen. In der überarbeiteten Struktur 90 sollte die 1. Landungsschiffbrigade zur Seetransport- und Minenlegbrigade umstrukturiert werden. Es war geplant fünf Schiffe für Seetransporte und zum Minenlegen umzurüsten. Drei Schiffe sollten zur neu zu bildenden Aufklärungsabteilung der 4. Flottille verlegt werden und vier Schiffe verschrottet werden.
Diese Planung wurde aber nicht mehr umgesetzt. Eine Umbenennung der 1. Landungsschiffbrigade in Transportschiffsbrigade erfolgte im Januar 1989 auf Befehl des Ministers für Nationale Verteidigung Armeegeneral Heinz Keßler aber noch [Hintergrund].

Die Außerdienststellung der Schiffe erfolgte Oktober 1990. Nach Umbau und Demilitarisierung durch die Neptunwerft Rostock wurden die Landungsschiffe 1993 nach Indonesien verkauft. Die Übergabe des letzten Schiffes erfolgte 1995. Bei den Projekt-Nr. 108.1 bis 108.4 blieb der Düppelwerfer PK-16 an Bord.
In Indonesien bekamen die Schiffe wieder Artillerie an Bord. 2014 waren fast alle Schiffe noch im Dienst der indonesischen Flotte. Die ehemalige „Eberswalde-Finow“ wurde 2012 außer Dienst gestellt und bei einer Übung am 13.10.2012 als Ziel durch eine Rakete versenkt [Video auf youtube]. Im November 2013 kippte die ehemalige „Lübben“ im Hafen um 90 Grad zur Seite und sackte auf Grund  [Video auf youtube].

Diese Landungsschiffe waren in Parow nie stationiert.
Jedoch kamen nach der Auflösung der Schulschiffbrigade 1981 ein bis zwei Landungsschiffe regelmäßig im Frühjahr und Herbst zur Bordausbildung nach Parow. Auch die Abversetzung nach Peenemünde wurde teilweise mit dem Projekt 108 durchgeführt.

Taktisch-technische Daten des Projekts 108:

Deplacement:  normal: 1743 t, Überlast: 2003 t, Transporter: 1931 t
Länge:   über alles: 90,78 m, in Konstruktionswasserlinie: 82,50 m
Breite:   über alles: 11,12 m, in Konstruktionswasserlinie: 10,80 m
Größte Höhe:  über Wasserlinie: 22,50 m
Tiefgang hinten:  normal: 3,14 m, voll: 3,28 m
Tiefgang vorn:  normal: 1,25 m, voll: 1,27 m
Zuladung max:  acht Panzer T-55
Bewaffnung:  2 x 57mm-Zwilling AK 725, Kampfsatz 2000 Geschosse
 2 x 30mm-Zwilling AK 230, Kampfsatz 2000 Geschosse
 2 x 122mm-Werfer A 215 mit je 2x20 Rohren, Kampfsatz 320 Geschosse (ab Projekt-Nr. 108.05)
 2x Düppelwerfer PK-16 (nur bei Projekt-Nr. 108.1 bis 108.4 nachgerüstet)
 2x4 Fla-Raketenstarter FASTA-4M2 (auf allen Schiffen ??? nachgerüstet)
 2 Minenschienen, Minen möglich: 12 Stück Typ KB oder 14 Typ KMD-2-500 oder 10 Typ KMD-2-1000 oder 40 Typ JAM oder 12 Typ UDM
Handfeuerwaffen: 6 Pistolen Typ M; 42 MPi Typ KmS
Waffeneinsatz: Artillerie bis Seegang 5, Werfer bis Seegang 6
Geschwindigkeit: max: 18 kn, ökon.: 12 kn
Fahrstrecke:  bei 18 kn 850 sm, bei 16 kn 1800 sm, bei 12 kn 3000 sm
Antrieb:  2x Dieselmotor 61B-4A mit je 4500 kW Leistung
Generator:  4x 6VD 18/15 mit je 280 kW
Besatzung Soll:  nicht Werferschiff: 41 / Werferschiff: 49 Mann [siehe auch Rollenplan hier]
Autonomie:  7 Tage
Trinkwasservorrat:  12 Tonnen
Einsatz:  bis Seegang 8, Wind 10 
Einsatz bei Eis:  Festeis bis 20 cm, Scholleneis bis 25 cm
Fahrgebiet:  Ostsee, Nordsee bis 61 Grad nördliche Breite, Englischer Kanal
Lebensdauer: vorgesehen 15 Jahre

 

Das Modell im Detail:      
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Das Original:
 

Bemerkung: Suche weitere Fotos vom Landungsschiff Projekt 108, die ich hier veröffentlichen darf.

Bau-Nr.
Werft
Projekt-Nr. Name Stapellauf Werft
Übergabe
In Dienst
Volksmarine
Bord-Nr.
331 108.01 Hoyerswerda 02.07.1975 02.10.1976 12.11.1976 611  
332 108.02 Hagenow 19.12.1975 25.11.1976 01.12.1976 612 632
333 108.03 Frankfurt / Oder 31.03.1976 21.01.1977 02.02.1977 613  
334 108.04 Eberswalde-Finow 15.07.1976 18.05.1977 28.05.1977 614 634
335 108.05 Lübben 02.10.1976 27.02.1978 15.03.1978 631  
336 108.06 Schwerin 18.01.1977 06.11.1977 19.10.1977 632 612
337 108.07 Neubrandenburg 06.04.1977 16.12.1977 28.12.1977 633  
338 108.08 Cottbus 17.06.1977 10.05.1978 26.05.1978 634 614
339 108.09 Anklam 29.09.1977 30.06.1978 14.07.1978 635  
340 108.10 Schwedt 27.12.1977 17.08.1978 07.09.1979 636  
342 108.11 Eisenhüttenstadt 13.03.1978 21.12.1978 04.01.1979 615  
343 108.12 Grimmen 30.05.1978 31.05.1979 15.06.1979 616  

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