(Stand: 30.09.2021 - Ein Bericht über die Ausbildung eingefügt. )
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S 150 bei der Ostseewoche 1961 |
(Stand: 28.01.2016)
Bei der Schiffs- und Bootswerft Gehlsdorf wurden 1953 zwei Seefahrtkreuzer
gebaut. Beide Segler wurden 1954 abgeliefert. Die Bau-Nr. 830 ging zur
Gesellschaft für Sport und Technik (GST) für
die Hochsee-Yachtstation Greifswald-Wieck und die Bau-Nr. 831 ging als
Dienstsegelyacht zur 4. Abteilung der Schulbootsdivision nach Parow.
Dieser
Bootstyp war auch für den Export gedacht. Dazu gab es einen 8-seitigen Prospekt
des Ministeriums für Maschinenbau in deutscher und spanischer Sprache. Zum Export kam es aber
nicht.
Werbeprospekt des (DDR-) Ministeriums für Maschinenbau, Hauptverwaltung Schiffbau, 1953 | |||
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Die Yachten sind in Kompositbau gefertigt worden. Die Außenhaut bestand aus
41 mm dicker Eiche. Der Kiel und der Steven bestanden ebenfalls aus Eiche. Die
Spanten dagegen aus Winkelstahl. Für den Innenausbau wurden 30 mm Rahmenhölzer
aus Eiche verwendet. Mast und Spieren bestanden aus Rottanne, die mehrfach
verleimt waren.
Es gab eine große Messe, Kombüse und WC. Im Deckshaus gab es
genug Platz für die Navigation, Stauraum gab es reichlich. In der 2,8 m lange Plicht waren
Sitzbänke für ca. 12 Personen vorhanden. Gesteuert wurde die Yacht mittels Ruderrad. Für den
Stockanker gab es einen mobilen Ankerkran.
Die GST-Yacht erhielt den Namen „Ernst Thälmann“, die Marineyacht entsprechend ihrer qm-Zahl der Segelfläche die Bezeichnung „S 150“.
Ende 1954 wurde der Segler der Seeoffiziersschule Stralsund übergeben. Die S 150 gehörte nun zum Bestand der Beiboote des Leiters des Hafenkommandos der Schwedenschanze. Die Yacht wurde zur Ausbildung der Offiziersschüler im Segelpraktikum eingesetzt.
Hier
ein kleiner Bericht von Wolfgang Lindemann:
„Das Foto links
zeigt eine Oberdecksansicht der Yacht, die gerade den Hafen der
Schwedenschanze verlässt. Es muss 1972 oder 1973 entstanden sein. Vermutlich
war es der Aufbruch zu einer geplanten Rügenumsegelung. Die Fahrt sollte
über die Nordansteuerung Stralsund, um Kap Arkona, vorbei an Stubbenkammer
und Südperd in den Greifswalder Bodden führen. Ziel war der Hafen
Lauterbach. Nach passieren des Gellenstroms frischte der Ostwind ständig
weiter auf. Nördlich von Hiddensee hatte er sich zu einem Sturm entwickelt.
Wir kreuzten mit weiten Schlägen, um Kap Arkona passieren zu können. Nach
einigen Stunden war klar, dass es nicht zu schaffen war. Wir brachen den
Törn ab und liefen zurück nach Stralsund.“
Drei Planstellen gab es für den Seefahrtkreuzer:
Fuhren
die Yachten S 150 und die
S 80 bei Ausbildungsfahrten gemeinsam, stieg mitunter
auf der S 150 zusätzlich ein Funkgast samt Schlüsselunterlagen ein.
Am 23.09.1955 wurde die Yacht ins BDS-Register (Bund Deutscher Segler der
DDR) in die 14 KR-Klasse, Seefahrtskreuzer, mit Register-Nr. 2989 eingetragen.
Als Eigner wurde „VP-See Schwedenschanze“ und als Betreiber „SC Vorwärts
Stralsund“ angegeben. Das erste Segelzeichen war XV G 1 danach XV GO 1 [Bild]. Das GO
stand für „Germany Ost“ gemäß einer Festlegung der Internationalen Yacht Racing
Union (JYRU) in London. Später (1967?) erfolgte eine Kennzeichenänderung in GO
13 (RORC-Klasse I).
Die GST-Yacht wurde am 12.10.1955 unter der Nr. 3027
registriert. Sie erhielt das Segelkennzeichen XV GO 2. Eine Kennzeichenänderung in GO 7 erfolgte später.
Zur Teilnahme an den Seeregatten im Küstenvorfeld ging eine Sportmannschaft
an Bord. Erster Start war im 14.07.1955 zur Ostsee-Woche. Die Besatzung unter
dem Steuermann Reißland bestand hauptsächlich aus Offiziersschülern des 3. Lehrjahres. Diese Große Seewettfahrt von 130 sm, sie dauerte 24 Stunden, gewann
die S 150, wurde von der S 150 gewonnen.
Im Juli, zur Internationalen Ostseewoche 1956, fuhr die Yacht
erstmals unter
dem Namen „Horst Liebig“. Mit der Namensverleihung ehrte man den Obermatrosen
Horst Liebig, der am 21.01.1956 bei einem Bergungseinsatz in See den Tod
gefunden hatte.
Die „Horst Liebig“ nahm
an verschiedenen Wettkämpfen teil, wie z.B. Rund Rügen, Rund Bornholm,
Tonnenregatta sowie zu verschiedenen Meisterschaftsläufen.
Vom 08.06. bis 26.06.1972 erfolgte eine Fahrt gemeinsam mit den Jachten
„Strelasund“, „Rostocker Greif“ und „Wappen von Wismar“ von Saßnitz nach Riga
und Tallinn. Kommandant war Hartmut Nitz und der 1.Steuermann Paul Valentin.
Zurück ging es nach Stralsund, die Fahrt betrug über 600 sm.
Noch 1974 ist der
Seefahrtkreuzer bei der Großen Seewettfahrt Rund Bornholm in den Ergebnislisten
der IOR-Klasse I zu finden.
Mit der Einführung eines Schiffsregisters für seegehende Yachten der Volksmarine 1968 bekam die S 150 auch Bordnummern.
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Bitte Bild anklicken für größere Darstellung | ||||
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Detailfotos, herzlichen Dank an Dieter Winter | ||||
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Daten: | |
Verdrängung: | 26,92 BRT |
Länge ü.a.: | 18,50 m |
Länge in der WL: | 12,56 m |
Breite ü.a.: | 4 m |
Tiefgang: | 2,40 m bis 2,70 m |
Geringster Freibord: | 1,12 m |
Segel: | Großsegel 90 m², Fock 45 m², Klüver 30 m², später: Großsegel 80 m², Genua 90 m², Spinnaker 220 m² |
Takelage: | Kuttertakelung |
Mast: | einer, 22 m über Deck, Gewicht mit stehendem Gut: ca. 1750 kg |
Motor: | ein Dieselmotor 2 NDV 14,5 mit 25 kW Leistung, Vmax: 6 bis 7 kn |
Reichweite: | nur mit Motorantrieb ca. 140 sm |
Brennstoffbehälter: | ca. 150 Liter + Reservebrennstoffbehälter 20 Liter |
Frischwassertanks: | 500 Liter |
Ausrüstung Stand 1972: | Funkgerät, Radio, Fernseher, 2 Kompasse, Echolot, Staulog |
Besatzung: | 3 Stamm + max. 12 Offiziersschüler (12 Schlafplätze) |
Bekannte Skipper: | Reißland (1955/56) Oberleutnant zur See Fichter Obermeister (Oberfähnrich) Gluch (ab 1958) Stabsobermeister Gerd Bach (1971 bis 1979) Paul Valentin Hartmut Nitz |
Verbleib: | |
GST-Yacht „Ernst Thälmann“: | wurde 1968 in „Ernst Schneller“ umbenannt und 1990 verkauft. Heute trägt die Yacht den Namen „Wappen von Anklam“, Eigner ist der Seesportclub Anklam e.V.. Von 1994 bis 2005 war der Seekreuzer in der Hornwerft Wolgast. Im Sommer 2015 lag die Yacht auf dem Gelände des Seesportclub Anklam in besorgniserregend Zustand. |
Marine-Yacht S 150: | Die Segelyacht S-150 „Horst Liebig“ wurde im April 1986
in Dranske verschrottet, nachdem sie dort 4 Jahre auf Slip lag. Es hätte
Anfang der 80er Jahre eine teurere Reparatur in der Werft gemacht werden
müssen. Dies geschah nicht! So lag sie da, und als nichts anderes mehr
übrigblieb wurde sie abgebrochen. Die Yacht war bis zum Schluss im Bestand der Offiziershochschule Stralsund. |
Wir bedanken uns recht herzlich bei Lothar Janz, Alexander Jenak, Erwin Lange, Wolfgang Lindemann, Bernd Loose, Joachim Quapinski und Dieter Winter für Informationen bzw. für die bereitgestellten Fotos!
Wer ist auf der S 150 gefahren und kann berichten? Auch Einzelheiten, wie Daten zur Yacht, Ausrüstung, Wettkämpfe und Bilder sind interessant. Bitte eine Mail an webmaster@parow-info.de.
© 2014 - 2021 Peter Kieschnick
Eine Chronologie der Bordnummern und -namen der Seegehenden Yachten der
Volksmarine ist durch Helbe und Horma erarbeitet worden, Stand: Oktober 2013
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Weitere Chronologien sind hier.