NATO-Code: Kondor I-Klasse
MSR „Greifswald“ der Schulbrigade |
Die Minensuch- und Räumschiffe (MSR) wurden ab 1963 vom Institut für Schiffbautechnik Wolgast (ISW) und der Peenewerft Wolgast entwickelt. Die Schiffe waren als Glattdecker im Querspantensystem gebaut. Sie hatten einen geschweißten Stahlrumpf. Der Doppelboden war im Bereich der Antriebsanlagen und der Hilfsmaschinen verstärkt.
Das Schiff mit Projekt-Nr. 89.0 wurde im Dezember 1965 auf Kiel gelegt und ab Januar 1967 durch die Werft und das Wissenschaftlich-Technische Zentrum (WTZ) erprobt. Als Erprobungsschiff wurde es am 28.01.1970 beim WTZ in Dienst gestellt. Weitere Forderungen der Volksmarine und die Umsetzung der gemachten Erfahrungen führten ab Dezember 1966 zur Erarbeitung des Projekts 89.1.
Der
Bau des ersten Serienschiffs „Greifswald“ (Projekt-Nr. 89.101), begann im
Oktober 1967, der Stapellauf erfolgte am 06.06.1968. Ab Dezember 1968 wurde
dieses Schiff mit der Bordnummer W-32 ausgiebig getestet. Die Indienststellung
bei der Volksmarine erfolgte am 29.05.1969.
Gebaut wurden insgesamt 21
Schiffe auf der Peenewerft Wolgast (Werft-Baunummern 224 bis 244) zu einem
Stückpreis von ca. 7,3 Millionen DDR Mark.
Alle Schiffe wurden der Volksmarine übergeben. Stationiert waren eine
Abteilung in Warnemünde und zwei Abteilungen in Peenemünde, jede Abteilung mit sechs
MSR-Schiffen. Drei Schiffe wurden der Schulbrigade
zugeordnet. Achtzehn Schiffe wurden schrittweise ab 1971 bis 1973 an die
Grenzbrigade Küste (6.GBK) übergeben – siehe Chronologie unten. In der
Volksmarine wurden sie abgelöst durch das MSR Projekt 89.2 (Kondor II).
Das Projekt 89.1 war ca. 4,6m kürzer gegenüber seinem Nachfolger und wurde
deshalb auch als „MSR kurz“
genannt.
1984 wurde das Projekt 89.1
umklassifiziert zum Küsten-Minenabwehrschiff (KMAW).
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Schulschiffe
Ab Dezember 1970 wurden
drei Schiffe der Schulbrigade zugeordnet: die Schiffe „Bergen“ (89.102),
„Anklam“ (89.103) und die „Ueckermünde“ (89.104). Im Dezember 1971 ging die „Ueckermünde“ an die 6.GBK, dafür wurde die „Greifswald“
(89.101) Schulschiff. Die MSR-Schiffe gehörten der 2.Schulschiffsabteilung an.
Diese Schulschiffe nahmen an verschiedenen Übungen, Flottenparaden und
Auslandsbesuchen teil. So war das MSR-Schiff „Anklam“ mit weiteren zwei MSR-Schiffen
Typ 89.2 beim ersten Flottenbesuch in Finnland vom 03. bis 07.08.1976 dabei.
Als Schulschiff waren drei Offiziere, sieben Unteroffiziere, 13 Mannschaften und bis zu 10 Schüler an Bord. Es wurden Schüler aus der Flottenschule und der Offiziersschule an Bord ausgebildet. Die Dauer der Seeausbildung betrug drei bis fünf Tage.
Die Schulbrigade wurde am 01.12.1981 aufgelöst.
Die „Anklam“ war bereits
zum 01.12.1976 außer Dienst gestellt und zum Schulschiff „Ernst Thälmann“ für
die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) umgebaut worden.
Die „Greifswald“
kam als Patrouillen- und Erprobungsschiff für Minensuchgeräteals zum WTZ
(Bord-Nr.: V-87).
Die „Bergen“ ging schon am 20.05.1981 bei der Volksmarine
außer Dienst und wurde zum Fischereiaufsichtschiff „Warnemünde"
umgebaut. Nach 1990 war das Schiff als Fischereischutzboot für die Bundesanstalt
für Landwirtschaft und Ernährung in Fahrt. Ab 1994 gehörte es dem
„Koordinierungsverbund Küstenwache“ an, bei Verbleib bei der bisherigen
Bundesbehörde.
Grenzsicherungsschiffe
Ab 1971 bis 1973
wurden 18 Schiffe an die Grenzbrigade Küste (6.GBK) übergeben – siehe
Chronologie unten. Sie gliederten sich in die 1., 2. und 4.
Grenzschiffsabteilung (GSA) zu je sechs Schiffen. Stationiert waren die 2. und
4.GSA in Warnemünde-Hohe Düne. Die 1.GSA war bis zum 30.11.1983 in Saßnitz und
danach ebenfalls auch in Warnemünde-Hohe Düne stationiert.
Die Räumgeräte blieben bei der 6.GBK zunächst an Bord,
denn die
Schiffe dienten als Mobilmachungsreserve der Volksmarine. Die Besatzung wurde um
vier Sperrgasten-Stellen (Gefechtsabschnitt 3 - GA 3) reduziert. Später, als die Räumgeräte
weitestgehend von Bord
genommen waren, sind weitere zwei Gasten-Stellen gestrichen worden. Die
Besatzung hatte sich damit von 24 auf 18 Mann verringert.
An Bord befand
sich weiter das Kontakträumgeräte MSG 2, alle anderen Minenräumgeräte wurden
eingelagert und konserviert. Das fehlende Sperr-Personal sollte bei Mobilmachung
ergänzt werden.
Zum Aussetzen
eines Kontrollkommandos stand auf dem Achterdeck ein Motorschlauchboot Typ MB-35 mit einem
Außenbordmotor vom Typ „Moskwa“ zu Verfügung.
Aufnahme 1980 | Aufnahmen Mai 1988 | |||||
Aufnahmen 1989 | ||||||
Am 01.04.1990 wurde die 6.GBK aus dem Bestand der Volksmarine herausgenommen und dem Chef der Grenztruppen beim Ministerium für innere Angelegenheiten unterstellt. Ab dieser Zeit führten die Schiffe die Bordnummer am Bug beginnend mit den Buchstaben GS (GrenzSchutz) gefolgt von einer zweistelligen Zahl. Die Aufbauten einschließlich Geschütz bekamen einen weißen Anstrich und die Aufschrift „GRENZSCHUTZ“. Am Heck wurden der Name des Schiffes und der Heimathafen geführt. Die bewegliche Minensuchausrüstung wurde vorn Bord genommen. Winden, Heckführungsrolle etc. verblieben an Bord.
Der Bundesgrenzschutz (BGS) übernahm drei Schiffe in seinen Bestand. Sie
erhielten die Kennungen BG 31 bis BG 33. Die Aufbauten waren ebenfalls weiß
gepönt und der Rumpf erhielt einen blauen Anstrich. Seitlich an den
Aufbauten wurden die Aufschrift „BUNDES GRENZSCHUTZ“ und darunter der Name des
Schiffes angebracht. Auch die feste Minenräumtechnik wurde nun entfernt. Die
beiden Davits achtern blieben zum Ausbringen eines Schlaubootes erhalten. Die
Funk- und Radarausrüstung wurden teilweise erneuert. Das Geschütz kam später
auch von Bord. Die
Schiffe wurden der Klasse 391 zugeordnet.
Ab 1994 gehörten die Schiffe dem
„Koordinierungsverbund Küstenwache“ an, bei Verbleib bei der bisherigen
Bundesbehörde. Äußerliches Kennzeichen waren die Schwarz-Rot-Gold-Kennzeichnung im
vorderen Bereich des Schiffsrumpfes und der Schriftzug „KÜSTENWACHE“.
Die
„Ahrenshoop“ und die „Kühlungsborn“ blieben bis zum 01.04.1995 im Schiffsbestand des BGS, die
„Boltenhagen" bis 30.06.1996.
Verbleib
Im Zuge der Außerdienststellung
wurden die Schiffe entweder abgebrochen oder an andere Marinen der Welt
verkauft: Tunesien 6 Schiffe, Malta 3 Schiffe und Kapverden 1 Schiff. Einige
sind heute noch im Dienst. Die Schiffe „Pasewalk“ und „Boltenhagen“ sind bei
Malta als Tauchattraktion versenkt worden.
Die „Greifswald“ sollte nach
Guinea-Bissau geliefert werden. Dazu kam es nicht, sie lief auf Grund und geriet in
Wracklage. Der weitere Verbleib ist unbekannt. Die „Anklam“ wurde im November
2000 als Taucherbasisschiff „Surfer I“ im Roten Meer gesichtet. Weiteres ist
auch hier unbekannt.
Taktisch-technische Daten
Verdrängung: | normal: 329,04 t, voll: 360,73 t |
Länge über alles.: | 51,91 m |
Breite über alles: | 7,13 m |
Seitenhöhe: | 4,03 m |
Höhe über Wasserlinie: | 11,42 m |
Tiefgang: | 2,30 m |
Besatzung: | 24 Mann, Grenzsicherungsschiff: 18 bis 20 Mann, Schulschiff: 23 Mann + 10 Schüler |
Autonomie: | 7 Tage |
Geschwindigkeit: | ökon:18 kn, max. 20 kn, Minenräumen: 8-14 kn |
Antrieb: | 2x Dieselmotoren 40 DM [Bild], Gesamtleistung: 2942 kW |
Fahrstrecke: | bei 12 kn 3000 sm |
Bordspannung: | 220 V / 380 V DS |
Einsatz bis: | Wind 10, See 8 |
Einsatz bei Scholleneis: | 10 bis 20 cm |
Waffeneinsatz bis: | Wind 6, See 5 |
Bewaffnung: | 1x 25mm Doppellafette 2-M-3 [Bild], Kampfsatz 2040 Granatpatronen |
19 MPi, 5 Pistolen M, 120 Handgranaten RGD 5 | |
Sprengmittel Klasse II | |
Minen möglich: 28 Stk. JAM oder 8 Stk. KB oder 10 Stk. KMD 500 oder
6 Stk. KMD 1000 Länge der Minenschienen: 20 m, zwei Wurfstellen |
|
Wasserbomben möglich: 20 Stk B1 | |
Minenräumgerät: | 2x Scherdrachengerät SDG R/L und 2x Kabelfernräumgerät KFRG/RL; später Kontakträumgeräte MSG-1S/Sp und MSG-2S/Sp; |
2x akustisches Räumgerät AT-2 [Bild] oder FRG3E | |
Hohlstäbe HFG 13m oder HFG 24m, [Bild] | |
E-Werk: | 1x Drehstrommotor Typ KB 280 mit 75 kW Leistung und 380 V |
2x Gleichstromgeneratoren Typ GGB mit 30 kW Leistung und 115 V | |
Funkausrüstung: | KW-Anlage „R-617“ [Bild], UKW-Anlage
„R-619-II“, Allwellenempfänger „Wolna-K" [Bild], Morsegeber MGS 165
[Bild],
Sprachchiffriergerät „Sirena“ für UKW Sprechfunk; später, zu Werftliegezeiten der achtziger Jahre, wurden Geräte teilweise ersetzt bzw. zusätzlich eingebaut. Bestand auf der „Vitte“ 1985: KW-Anlage „R-617“ und R-615, UKW-Anlage „R-619“ (andere Schiffe zwei Anlagen), Morsegeber MGS 165 (andere Schiffe bereits MG 80 [Bild]), Allwellenempfänger EKD 100 (andere Schiffe EKD 300). |
Radar: | TSR-333 |
Sonar: | KLA 58m |
FFK (IFF)-Anlage: | Nichrom [Bild] |
weitere Anlagen: | Kreiselkompaßanlage „Gazelle“, Elektrolytkompaßanlage „7.06.20“, Fahrtmeßanlage „FM-2“, Echolotanlage „HAG-101“, Sichtfunkpeiler „FGS-340b“, Funknavigationsanlage „Rym-k“, Lichterführungsanlage „Chmel-2“ |
Ich bedanke mich recht herzlich bei René Bellmann, H.-J. Hiller, Bernd Loose, Horst Maiwald, Lutz Parsiegel, Hans Otto Plachta, Rainer Wendlandt für Information und Fotos.
© 2005 - 2021 Peter Kieschnick
Hier eine Chronologie des Projekts 89.1. Erarbeitet durch Helbe und Horma
(Horst Maiwald, [Horma] †2014). Meinungen, Anregungen, Korrekturen, Fragen usw. sind zu der
Liste erwünscht! E-Mail: webmaster@parow-info.de
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