www.parow-info.de    (Stand: 19.10.2015) 

Schiffssicherungskabinett (SSK)

Leckwehr- und Brandbekämpfungskabinett

Der Urtyp

Diese als Leckwehrkabinett, in der Marine umgangssprachlich auch als „Lachkabinett“ bezeichnete Ausbildungseinrichtung stand an der südlichen Hafengrenze der Offiziersschule Stralsund-Schwedenschanze. 1959 wurde das SSK durch Angehörige der Offiziersschule aus einem Hebeponton gebaut. Das Kabinett war einem Schiffssegment nachempfunden. Der Einstieg erfolgte durch ein Luk von Oberdeck. Für den Ausbilder gab es eine Plattform, von dort konnten durch die Bullaugen die Handlungen der Auszubildenden verfolgt werden. Im Kabinett waren zwei Abteilungen, eine für die Brandbekämpfung und eine für die Leckbekämpfung. Die unterschiedlich großen Lecks wurden von außen durch einzelne Schieber mit Wasser versorgt. Die Lecks wurden in der Reihenfolge klein zu groß geöffnet. Ausgebildet wurden Offiziersschüler der Schwedenschanze sowie Unteroffiziersschüler und Mannschaften aus Parow. Auch Besatzungen fahrender Einheiten wurden hier geschult, so z.B. Schiffssicherungszüge der RPi-Abteilung aus Peenemünde.
Anfang der 70er Jahre wurde das Leckwehrkabinett abgebaut und durch ein neues ersetzt.

Im DEFA Film „Hart am Wind“ von 1969 wurden Szenen im SSK dramatisch gezeigt. Die folgenden Bilder stammen aus diesem Film.

        
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Der Standardtyp

Drei dieser Schiffssicherungskabinette (SSK) wurden 1971 auf der Peenewerft Wolgast gebaut. Per Schlepper wurden sie zu den jeweiligen Dienststellen transportiert. Dazu wurden sie von der Helling mit dem Hammerkran ins Wasser gesetzt. Um die Stabilität beim Schleppen zu verbessern, sind sie teilweise geflutet worden.
Die Werftbaunummer 253 soll zur 6.Flottille auf dem Bug, die 254 zur 4.Flottille Warnemünde und die 255 zur 1.Flottille Peenemünde gebracht worden sein.

Zwei weitere SSK wurden noch gebaut. Dazu sind leider nur die Werftbaunummern (297 für SSK 4 und 341 für SSK 5), aber keine weiteren Identitätsangaben vorhanden. Diese beiden SSK wurden ca. 1973? an der Offiziershochschule Stralsund-Schwedenschanze und an der Flottenschule Parow aufgebaut.

Alle fünf Schiffssicherungskabinette wurden nach 1992 verschrottet.

Aufbau

Das Schiffssicherungskabinett war ein graues Stahlgebäude. Der allgemeine Aufbau war bei allen fünf SSK gleich.
An der Vorderseite konnte man über eine Treppe auf eine Plattform steigen und von dort über eine Leiter zum Oberdeck des SSK. Von der Plattform aus ging es durch eine Schotttür zum Befehlsstand V (BS V). In diesem Raum befand sich die Regeltechnik zum Betreiben des SSK. Von diesem Raum aus leitete und überwachte der Ausbilder das Training. Dazu war ein Fenster zum Innenraum vorhanden. Über eine BÜ-Anlage, ein einfaches Rohrsystem, konnte der Ausbilder mit dem Leiter der Schiffssicherungsgruppe (SSG) Verbindung halten [Bild]. Bei Notwendigkeit konnte der Ausbilder über ein Schotttür vom BS V in den Innenraum auf eine Plattform gelangen und direkt die Ausbildung leiten. Diese Plattform war die Befehlsstelle des Leiters der SSG. Über eine Leiter gelangte man von dort auf die Flurebene des SSK.

Der Innenraum war in zwei Kammern geteilt, eine zur Leckbekämpfung und eine zur Brandbekämpfung. Der Hauptraum diente zur Leckbekämpfung und war wie ein Maschinenraum aufgebaut [Bild].
Es gab verschiedene Leckdarstellungen in den Seitenwänden, an Rohrleitungen und im Unterflurbereich. Wasser konnte mit verschiedenem Druck unterschiedlich über die verschiedenen Lecks eingelassen werden. Das dazu benötigte Wasser kam aus dem im SSK eingebauten Wasserbehälter. Dieser wurde über ein Filter aus dem Hafenbecken gefüllt. Das Füllen erfolgte nicht permanent. Die Wassermenge im Behälter war für Standard-Übungen berechnet. Bei länger andauerndem Training und öffnen von mehreren Lecks konnte der Wasserdruck nachlassen. Die Gesamtmenge des Wassers reichte für ein Teilfluten des SSK bis etwa über die Gürtellinie.
Ein Vorfluten des Raumes bis auf 2 m Höhe war auch möglich. Das dazu benötigte Wasser wurde dann direkt aus dem Hafenbecken gepumpt.

Die SSG stieg grundsätzlich vom Oberdeck des SSK ins Innere ein [Bild]. Um auf das Oberdeck zu gelangen, konnte man auf der Vorderseite von außen über ein Leitersystem gelangen. In der Regel wurde jedoch die durchgehende Leiter auf der Rückseite genutzt. [Bild] Das Oberdeck des SSK war wie ein Deck eines Schiffes gestaltet, mit Reling, Lüfter, Luken usw.

Im Laufe der Zeit wurden durch die Truppenteile Änderungen an den SSK entsprechend ihrer Erfordernisse an den SSK vorgenommen. In der 6.Flottille erfolgte dies durch einen Neuerervorschlag der Lehrbasis 6 (LB-6). Für die Wasserzufuhr wurde ein externer Zusatzkessel verwendet, so dass der Wasserdruck für mehrere Lecks gehalten werden konnte. Im extremen Fall war es möglich, das Kabinett bis zur Decke volllaufen zu lassen. Damit konnte die Ausbildung intensiviert werden.

 Ausbildung

Im Fach „Seemannschaft" an der Flottenschule Parow und am Lehrstuhl Schiffsmaschinenbetrieb/Schiffsicherheit an der Offiziershochschule Stralsund-Schwedenschanze wurde die Leck- und Brandbekämpfung gelehrt.

Zuerst wurden die Grundfertigkeiten bei der Leck- und Brandbekämpfung trainiert. Ziel der Ausbildung war es, die Soldaten für ihre Aufgaben in einer Schiffssicherungsgruppe (SSG) vorzubereiten und die Leck- und Brandbekämpfungsmittel richtig und sicher einzusetzen. Bei der Ausbildung wurden Gruppen von sechs Soldaten gebildet. Ausgangsbasis war das Oberdeck des SSK. Nach dem Signal „Leck im Schiff“ bzw. „Feuer im Schiff“ stieg die Schiffssicherungsgruppe über eine Leiter ins Innere  ein.
Folgende Handlungen wurden trainiert:

Für das Training der Norm 061, 062 oder 063 sowie das Aufklaren der Stationen wurden jeweils 5 bis 10 Minuten benötigt, so dass bis zu viermal je Übung trainiert werden konnte und anschließend die Abnahme der Norm erfolgte.

Bei den Offiziersschülern und Unteroffiziersschülern wurde die Ausbildung in weiteren Ausbildungsabschnitten schwieriger gestaltet. Die Funktion als Leiter einer Schiffssicherungsgruppe wurde abwechselnd geübt. Dabei wurde die exakte Befehls- und Meldesprache geschult.

In den Flottillen sollten die Besatzungen in der Regel einmal im Ausbildungshalbjahr ein Training im Schiffssicherungskabinett erhalten. Dabei sollten die Fähigkeiten gefestigt und erweitert werden. Es wurden verschiedene mögliche Szenarien durchgespielt. Grundlage war das „Programm der allgemeinen Ausbildung (Bordeinheiten)“ Anlage 2, die Kabinettaufgaben 1 bis 9.
Die Ausbilder hatten die Möglichkeit, die Schiffssicherungsausbildung variantenreich und übungsintensiv zu gestalteten [siehe Handzettel zur Ausbildung im SSK].

Leckbekämpfung

Geübt wurde nach dem Prinzip vom Einfachen zum Komplizierten. Der Ausbilder erläuterte den Ablauf und demonstrierte die Übungen trocken. Es wurden die Rollenverteilung der Besatzung sowie die Befehls- und Meldesprache, natürlich auch die Klingelsignale [weitere Informationen] gelehrt. Die Leckwehrmaterialen wie Balken, Spindeln, Pfropfen, Kissen, lagerten an festgelegten Orten.
Die ersten Übungen wurden trocken durchgeführt. Anzugsordnung waren der Bordanzug mit Schutzmaske und Stahlhelm bzw. der „Kampfanzug See“ (ab 1981 „Kampfanzug VM“) mit Schutzmaske und Stahlhelm.

Die Gruppen trainierten abwechselnd, beginnend mit dem Klingelsignal „Leck im Schiff“ und Meldung der Bereitschaft an den Befehlstand V (BS V). Der BS V wurde durch den Ausbilder besetzt. Die Aufgaben begannen mit dem Trockentraining Norm 061, danach die Norm 063 und Abnahme dieser Normen. Im Weiteren wurden die Übungen erschwert durch:

Mit dem Verschließen eines Einschussloches mit Hilfe eines Leckwehrpfropfens wurde begonnen [Bild]. Danach kamen größere Lecks, die mit einem Leckwehrkissen abgedichtet werden sollten. Dazu musste eine Konstruktion aus Balken und Keilen oder Leckwehrstützen gebaut werden. Am Anfang stand noch „passgerechtes“ Leckwehrmittel zu Verfügung. Bei schwierigen Übungen mussten die Stützbalken vor Ort mit einem Fuchsschwanz zugeschnitten werden [Bild]
Wenn die Schiffssicherungsgruppe nicht schnell genug war, konnte das Wasser schon mal bis zum Hals oder höher steigen.

Schulmäßige Ausbildung
        
Ausbildung in der 4.Flottille
       

Brandbekämpfung

Die Brandbekämpfung erfolgte nach dem Klingelsignal „Feuer im Schiff“. Zwei Mann sollten dann die Brandaufklärung und die Erstbekämpfung durchführen, ein Soldat hatte dabei Sicherungsaufgaben. Es wurde die Seewasserfeuerlöschanlage zum Einsatz gebracht. Bei Ausfall dieser sollte die Brandbekämpfung mit Hilfe der Feuerlöscher erfolgen. Bei den Übungen kam auch Rauchimitation (Nebelkörper) zum Einsatz. Die Brandbekämpfung erfolgte mit aufgesetzter Schutzmaske. Imitiert wurden verschiedenartige Brände an verschiedenen Stellen.

Nach Ausbildung zum Druckluftatemgeräte-Träger (DLA-Träger) erfolgte die Brandbekämpfung mit „Kampfanzug VM“ [Bild] bzw. Asbestanzug und Druckluftatemgerät (DLA 16005). Schwierig war diese Aufgabe auf Grund des Qualms und der Hitze.
Eine mögliche Übung:

  

„Panikwürfel“

Durch unerwartete Lageveränderung und Überraschungssituationen wurden die Soldaten an die Grenzen der psychischen Belastbarkeit gebracht. Dies führte mitunter zu zunehmend nervösem und überhastetem bzw. unüberlegtem Handeln. Manchmal wurde auf veränderte Lage recht hilflos reagiert. Besonders schwierig wurde es, bei angenommem Ausfall eines Mannes und damit verbundener Erster Hilfe sowie Bergung des Geschädigten dabei trotzdem die entsprechende Schiffsicherungsaufgabe zu erfüllen. Dazu kamen noch Gefechtslärm und Notbeleuchtung!
Durch weitere Ausbildung kamen die Schiffssicherungsgruppen immer besser mit neuen Situationen zurecht.

 

Herzlichen Dank an Alexander Jenak, Berndt Borrmann, Klaus-Peter Bittner, Eike Frühauf und Hans Otto Plachta für Informationen und Bilder.

© 2006 - 2015 Peter Kieschnick