Kiel

Die Stadt und die Marine

Kiel ist die Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein. Sie liegt an der Ostsee und ist Endpunkt der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt, des Nord-Ostsee-Kanals (Eröffnung 1895 als „Kaiser-Wilhelm-Kanal“). Die Stadt erstreckt sich hufeisenförmig um den Naturhafen Kieler Förde, die einen der wichtigsten Seehäfen an der Ostsee darstellt.


Wappen der Stadt Kiel
Als „Holstenstadt tom Kyle“ wurde der Ort zwischen 1233 und 1242 von Graf Adolf IV. von Holstein aus dem Hause Schauenburg gegründet. Der Name Kiel stammt wahrscheinlich von dem altsächsischen Wort Kille ab, was einen sicheren Platz für Schiffe bedeutete.
1242 erhielt Kiel das lübische Stadtrecht und trat 1284 der Hanse bei. Im Jahr 1301 war Kiel bereits befestigt, und ab 1329 war die Stadt von einer steinernen Stadtmauer umgeben. Herzog Christian gründete 1665 in Kiel eine Universität.
Im Jahr 1900 wurde Kiel Großstadt mit 107.977 Einwohnern, einschließlich des Militärs (1. Matrosendivision, 1. Werftdivision, 1. Torpedoabteilung, ein Seebataillon und das Infanteriebataillon Nr. 85). Heute gehört Kiel mit ca. 242.000 Einwohnern zu den 30 größten Städten Deutschlands.

Kieler Wappen
Das silberne Nesselblatt auf rotem Grund ist das Wappen der Schauenburger. Das gemauerte Boot symbolisiert die Stadtrechte (durch die Stadtmauer) sowie die Lage als Hafenstadt.

Kiel ist traditionell ein bedeutender Stützpunkt der Deutschen Marine.
1848 bis 1851 war Kiel der einzige Stützpunkt der Schleswig-Holsteinischen Marine. Im Oktober 1848 wurde in Kiel eine Seekadettenschule eröffnet, die den Offiziersnachwuchs ausbilden sollte.

1864 kam es im Deutsch-Dänischen Krieg zur Eroberung Schleswig-Holsteins durch Preußen und Österreich. Im Gasteiner Vertrag von 1865 ging Schleswig in die Verwaltung Preußens und Holstein in österreichische Verwaltung über. Die Polizeihoheit über die Kieler Förde, das Recht zur Errichtung einer Marinestation und das Befestigungsrecht des Hafeneinganges wurden Preußen übertragen. Die Stadt Kiel wurde geteilt. Österreich erhielt das Gebiet westlich der Linie Holstenstraße-Fördeufer, Preußen das östlich davon gelegene.

Am 24. März 1865 ordnete der preußische König die Verlegung der Ostsee-Marinestation von Danzig nach Kiel an. Die lang eingeschnittene Kieler Förde war gegen Wind geschützt, sie verengt sich von 7 km Breite auf 1 km bei Friedrichsort und war daher gut zu verteidigen. Die Wassertiefe bis zu 12 m war für das Anlegen tiefgehender Kriegsschiffe günstig.
Am 24. Januar 1867 wurde Kiel Teil der Provinz Schleswig-Holstein des Königreiches Preußen und Kriegshafen in der von Preußen majorisierten Marine des Norddeutschen Bundes.

Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde Kiel zusammen mit Wilhelmshaven Reichskriegshafen. An der Karlsstraße entstand in den 1870er Jahren eine überdimensionale Marine-Kasernenanlage mit Lazarett und Bekleidungsamt.
In Friedrichsort wurden 1877 ein großer Kasernenkomplex, ein Garnisionslazarett und ein Minen- und Torpedodepot gebaut. Am Düsternbrooker Weg errichtete man zwischen 1883 und 1888 eine Marineschule und die Marineakademie, die heute das Landeshaus beherbergt.
In das Gebäude der Marineschule in der Muhliusstraße zog im Herbst 1887 die Deckoffizierschule ein. Als Ingenieur- und Deckoffizierschule übersiedelte sie 1901 nach Wilhelmshaven und 1913 nach Kiel-Wik.
Südlich des Kanals errichtete die Marine zwischen 1902 und 1915 in der Wik um einen großen Exerzierplatz eine Kasernenanlage mit ca. 40 Gebäuden, darunter ein Lazarett, eine technische Marineschule und die Petruskirche als Garnisonskirche.

Die Kaiserliche Marine unterhielt bis 1918 folgende Dienststellen und Einheiten in Kiel:
Marinestation der Ostsee, I. Marineinspektion, Inspektion des Bildungswesens der Marine mit fünf Schulschiffen, Marineakademie, Ingenieur- und Deckoffizierschule, Inspektion des Torpedowesens, Inspektion des Unterseebootswesens und Inspektion der Marineinfanterie mit dem I. Seebataillon.

Kiel blieb bis 1945 ein Hauptstützpunkt der Kriegsmarine.

Vorgeschichte der Technischen Marineschule Kiel

Die zunehmende Aufrüstung und Technisierung der Flotte zu Beginn 19. Jahrhunderts hatte eine Überlastung der Ausbildungskapazität an der Ingenieur- und Deckoffizierschule in Wilhelmshaven zur Folge. Die Marine plante eine zweite Schule im Ostseeraum. Die Wahl fiel auf den Standort Kiel.


Zeitraum unbekannt
Mit dem Bau des ersten Gebäudes, dem Schulgebäude, wurde am 25. Juni 1911 begonnen, gefolgt vom Wirtschaftsgebäude (zwischen Block A und B, im 2.Weltkrieg zerstört) am 30.Mai 1911. Mit der Maschinenhalle I wurde am 17. Dezember 1912 begonnen. [Lageplan]
Am 08.02.1913 wurde ein MAN-Einblasedieselmotor Typ „A2 V44“ in der Maschinenhalle I aufgestellt. Der Diesel wurde von Anfang an für die Ausbildung von Schiffstechnikern verwendet. In Zweitverwendung diente er als Notstromaggregat für das benachbarte Krankenhaus. An dem Einblasedieselmotor haben Generationen von Schiffstechnik-Unteroffizieren und -Offizieren gelernt [Bild]. Er wird heute zur Ausbildung an der Marinetechnikschule Parow genutzt [weitere Informationen].

Mit „Allerhöchste Kabinetts-Ordre“ [Bild] vom 31. Mai 1913 wurde der Lehrbetrieb am 01. Oktober 1913 an der Ingenieur- und Deckoffizierschule Kiel-Wik aufgenommen.  Konzipiert wurde die Schule für die parallele Ausbildung von 170 Deckoffizieren und 130 Ingenieurschülern.

Im Herbst 1913 war die Schule mit etwa 300 Soldaten belegt. Der Ausbruch des 1.Weltkrieges beendete 1914 vorerst den Schulbetrieb, und die Schüler wurden auf die Kriegsschiffe verteilt. In den Gebäuden der Schule wurde ein Reservelazarett eingerichtet. Da qualifiziertes technisches Personal in der Flotte fehlte, eröffnete die Schule wieder am 01.April 1915. Sie bildete nun die Ingenieuranwärter der Nord- und Ostseestation gemeinsam aus. Mit dem Ende des 1.Weltkrieges endete der Schulbetrieb wieder.


Wappen der Marineschule 1924?-1945
Am 08. Dezember 1918 begann der Schulbetrieb erneut. 1919 wurde unter der Leitung der Reichsmarine die Schule in „Marineschule Kiel“ umbenannt. Diesen Namen behielt sie bis 1945. In dieser Zeit erhielten hier alle Ingenieur-Anwärter, ab 1921 alle Ingenieuroffizier – Anwärter, Unterricht in den mathematisch-naturwissenschaftlichen und marinetechnischen Fächern.
Mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1934 begannen die Schülerzahlen ständig zu steigen, und es war notwendig, die Schule 1936 bis 1943 erheblich zu vergrößern. [Lageplan]
Anfang 1943 bestand die Marineschule Kiel aus drei Abteilungen. Zur ersten Abteilung gehörten die Oberfeldwebel- und Unteroffizier - Fachlehrgänge (6 Kompanien). Die zweite Abteilung umfasste die Sonderlehrgänge für die U-Bootausbildung (3 Kompanien). In der dritten Abteilung wurden Ingenieuroffiziere und Ingenieuroffizier - Anwärter (drei Kompanien) ausgebildet.

Am Ende des 2. Weltkrieges übernahm die britische Besatzungsmacht die Schule.
Ein Teil der vorhandenen Gebäude wurde für Schulen (eine Frauenfachschule, eine kaufmännische Berufsschule und eine Handelsschule), einen Kindergarten, Flüchtlingen und sogar für ein Nachtlokal zur Verfügung gestellt.
Am 01. Juli 1954 übernahm der Bundesgrenzschutz (See) einen Teil der Gebäude der ehemaligen Marineschule Kiel.

Technische Marineschulen


Wappen der TMS I
1956-1963
Mit der Aufstellung der Bundeswehr erhielt die Bundesmarine 1956 die Liegenschaft, um hier wieder eine technische Schule einzurichten.
Durch Aufstellungsbefehl Nr. 23 (Marine) vom 22. Mai 1956 wurde zum 01. Juni 1956 die Technische Marineschule in Kiel (TMS) gebildet. Ende Oktober kamen die ersten Lehrgangsteilnehmer, der Unterrichtsbetrieb begann am 01. November 1956.

In Bremerhaven wurde zum 05. November 1956 eine Zweigstelle der Technischen Marineschule I aufgestellt. Zuvor wurde die Kasernenanlage der alten Marineschule Wesermünde nach und nach von den Amerikanern übergeben. So konnte der Lehrbetrieb mit den alten Dampfanlagen und der Schmiede sowie mit modernen Drehbänken und Einrichtungen für Elektro- und Motorentechnik beginnen.

Der Ausbau der Unterrichtsanlagen wurde in Kiel vorangetrieben. Am 15. Dezember 1958 wurde im Keller des Unterrichtsgebäudes eine Versuchsanlage für Elektromotoren und Generatoren in Betrieb genommen.


Wappen der TMS II
Aufgrund der hohen Anzahl von Lehrgangsteilnehmern (630 Mann) wurde am 01.April 1959 die Außenstelle Bremerhaven von der Kieler Schule gelöst und als Technische Marineschule II selbständig.

An der TMS II Bremerhaven wurden die fachlichen Maaten- und Gastenlehrgänge, technologische Grundlehrgänge für Offiziersanwärter und Sonderlehrgänge durchgeführt. Die TMS I in Kiel führte die Bootsmann- und Offiziersausbildung durch.

Die Ausbildungsinhalte und die Organisation der Schule in Kiel wurden ständig verfeinert und die materielle Ausstattung der technischen Entwicklung angepasst.
Im Sommer 1961 konnte eine geordnete Verpflegung aus eigener Küche wieder durchgeführt werden. Ab 1963 befanden sich wieder alle Gebäude im Besitz der Schule.
Im Herbst 1965 wurde in der Maschinenhalle II eine Dampfturbinenanlage der Wagner Hochdruck-Dampfturbinen-AG (WAHODAG) eingebaut. Sie war die Antriebsanlage der neu in Dienst gestellten Zerstörer der Hamburg-Klasse.


Wappen der TMS I
1963-1982
Innerhalb der Technischen Marineschulen fanden mehrere Organisationänderungen statt. Zum 01. Januar 1971 wurde die Gasten-Fachausbildung an die Marineküstendienstschule Großenbrode als 3.Inspektion verlagert, im Oktober 1971 folgte die Kraftfahrerausbildung von der TMS I zur Marineküstendienstschule.
Zum 01. Oktober 1971 wurden die Fachlehrgänge I und II nach Putlos als 2.Inspektion der Marineküstendienstschule verlegt.
Am 1. Januar 1973 wurde das bisherige Marineausbildungsbataillon 4 der Technischen Marineschule II als „Lehrgruppe Grundausbildung“ Brake zugeordnet [weitere Informationen].
Die bisher eigenständige Schiffssicherungslehrgruppe in Neustadt/Holstein wurde im Rahmen der Umorganisation der Marine am 01. Januar 1974 der Technischen Marineschule I als Lehrgruppe Schiffssicherung zugeordnet.

Am 25. April 1975 wurde in Kiel die Fachschule der Marine für Schiffsbetriebstechnik eröffnet. Sie wurde der Technischen Marineschule I angegliedert und truppendienstlich unterstellt. Die fachliche Aufsicht hatte der Kulturminister des Landes Schleswig-Holstein

Am 01. Oktober 1977 begann die Systemausbildung in Kiel für die Schnellboote der Klasse 143, und damit wurde der Fachbereich Systemausbildung gegründet. Am 02.März 1981 folgte die Systemausbildung F 122.
Im März 1982 wurde die Maschinenhalle III an der TMS I eingeweiht. In dieser Halle wurden nach Einführung der Systemlehrgänge erstmals Simulationsanlagen (z.B. bordidentische Leitstände) für die Ausbildung in der Schiffstechnik eingesetzt. [Lageplan]

Technische Marineschule Kiel

Am 01.0ktober 1982 wurden die Aufgaben der bisherigen TMS I und II bei der Technischen Marineschule Kiel zusammengefasst:
Standort Kiel mit der Lehrgruppe A (1. bis 3.Inspektion) und der Fachschule der Marine für Schiffsbetriebstechnik; Außenstelle Bremerhaven mit der 4.Inspektion der Lehrgruppe A; Außenstelle Brake mit der Lehrgruppe Grundausbildung und Außenstelle Neustadt/Holstein mit der Schiffssicherungslehrgruppe.

In Bremerhaven blieb eine Ausbildungsstätte für ca. 150 Soldaten, die auf ihre Gesellenprüfung im Maschinenbauerhandwerk und auf die Facharbeiterprüfung zum Energieanlagenelektroniker vorbereitet wurden. Diese Außenstelle wurde im Herbst 1987 ganz geschlossen. So endete nach 41 Jahre die Ausbildung zum Schiffstechniker in dieser Kasernenanlage.

An der Lehrgruppe A gab es drei Aufgabengebiete:
 -  Regelausbildung Schiffstechnik der Mannschaften, Unteroffiziere, Portepeeunteroffiziere, Offiziere des Militärfachlichen Dienstes, Truppenoffiziere und Offiziere aus Nicht-NATO Ländern
 -  Systemausbildung für Fregatte Klasse 122/ 123, Schnellboot Klasse 143/ 143A, Minensucher Klasse 343 und Minenjagdboot Klasse 332
 -  Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung für die Berufe: Energieelektroniker Fachbereich Anlagetechnik und Maschinenbaumechaniker (allgemeiner Maschinenbau) sowie Schweißerausbildung.

Gegliedert war die Technische Marineschule Lehrgruppe A ab Herbst 1987 wie folgt:
1. Inspektion - Offiziers- und Systemausbildung
2. Inspektion – Militärfachliche Ausbildung (MFA)-Bootsmann/Systemausbildung
3. Inspektion - MFA-Maat
4. Inspektion - Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung (ZAW)
In folgenden Fachbereiche wurde unterrichtet: Antriebstechnik, Elektrotechnik, Schiffsbetriebstechnik, Allgemeine Schiffstechnik, Systemtechnik, Naturwissenschaften und ZAW.
In der 3. Inspektion wurden ab Sommer 1997 zusätzlich auch Mannschaftslehrgänge durchgeführt.

Im IV. Quartal 1991 verlegte die 3.Inspektion der TMS Lehrgruppe Grundausbildung Brake zuerst nach Plön und später nach Kiel. Dort wurde sie zur 5.Inspektion der Lehrgruppe A. Aber bereits zum 01.07.1997 wurde aus dieser Inspektion die 8.Inspektion der Marinetechnikschule in Parow.

Die Liegenschaft der TMS in Kiel umfasste eine Geländefläche von 9,3 ha und eine Gebäudenutzfläche von 45.000 m², mit 360 Betten in den Unterkünften.

Auflösung der Technische Marineschule Kiel und Neuanfang


Wappen der Lehrgruppe A Kiel der
Marinetechnikschule Parow 1999 - 2003
Am 01.Oktober 1999 wurde die Technische Marineschule Kiel der Marinetechnikschule in Parow als Lehrgruppe A unterstellt.
Ihr unterstanden die Lehrgruppe Schiffssicherung in Neustadt/Holstein und die Inspektion Marinefliegerausbildung in Westerland/Sylt ab 01.April 2000 [weitere Informationen]. In der Lehrgruppe A Kiel wurden alle Schiffstechniker ausgebildet.

Nach Auflösung der Lehrgruppe A in Kiel ist am 07.Januar 2003 die Lehrgruppe A in Parow neu aufgestellt wurden [weitere Informationen]. Dazu wurden das Ausbildungspersonal und die Ausbildungsanlagen von Kiel nach Parow verlegt.
Damit wird die gesamte traditionsreiche Schiffstechnikerausbildung an der Marinetechnikschule in Parow fortgeführt.

Die Tradition der Technischen Marineschule Kiel wird in verschiedener Form an der Marinetechnikschule gewahrt. Sei es mit der Bezeichnung einer Straße oder eines Raumes im Betreuungsgebäude, vor allem aber bei den modernen Übungsanlagen Schiffstechnik im Gebäude Nr. 208.

© 2013 - 2015 Peter Kieschnick