Schießgebiet Peenemünde

(Stand: 17.11.2021)

Das Schießgebiet befindet sich nördlich der Insel Usedom, am Peenemünder Haken. Gekennzeichnet ist dieses Seegebiet durch Gefahrstellen-Tonnen als Speergebiet. Es befinden sich eine große Anzahl von Munition Reste und Blindgänger sowie Wracks bzw. Teile davon im Wasser.

Wracks bei Google Maps: Nr. 1 und Nr. 2.

Bis 1945 wurde das Gebiet durch die Heeresversuchsanstalt und der Erprobungsstelle der Luftwaffe genutzt.
Im Juli 1942 wurde das Luftwaffenzielschiff „Boschdijk“ in diesem Gebiet auf Grund gesetzt. Das Schiff wurde 1922 auf der Werft „de Noord“ in Alblasserdam bei Rotterdam / Niederlande als Turbinenfrachter gebaut (Länge: 126,93 m, Breit: 16,46 m, Tiefgang: 11,12 m). Im Mai 1940 wurde es durch eine deutsche Fliegerbombe getroffen und ist ausgebrannt. Das teilweise verschrotte Schiff wurde 1942 von der Luftwaffe als Versuchsschiff für Luftzielbekämpfung aufgekauft und durch zwei Schlepper zum Peenemünder Haken verbracht. Es diente als Ziel für die Henschel-Bomben HS 293 [weitere Info auf Wikipedia].
1945 wurden die Reste des Schiffes gesprengt und danach abgebrochen. Teile des Schiffes sollen noch im Wasser liegen.

Der Einsatz von Bordwaffen, Bomben und Raketen gegen Seeziele gehörten zu den komplizierten Anforderungen an die Piloten. Deshalb wurden für Flugzeuge und Hubschrauber weltweit Schießgebiete geschaffen, so z.B. vor der Insel Kreta, nördlich von Helgoland, Frankreich und Norwegen nutzen ausgediente Fregatten und Zerstörer.

Die NVA richteten ab 1961 das Schießgebiet Peenemünde ein. Ausgediente Boote und Schiffe der Seestreitkräfte / Volksmarine wurden auf Grund gesetzt, Schlepper spülten die Schiffskörper ins Flachwasser ein. Diese dienten als Zielscheiben für Marineflieger und Luftstreitkräfte (MHG-18, MFG-28, JFG-9, JBG-77).
Die Seeziele wurden am Tage mit Kanone, ungelenkten Raketen und Bomben bekämpft. In der Nacht wurde auf der Bombenwurfinsel als Zielpunkt ein Feuer entfacht. Die Treffer konnten gut ohne großen Aufwand beobachtet werden. Im Laufe der Zeit haben sich die Seeziele durch Beschuß, Wind und Wasser stark verändert.
Die Ziele wurden bei Manövern von Schiffen und von Land aus bekämpft (z.B.: „Waffenbrüderschaft 70“). Die Wracks waren auch Übungsobjekte für Kampfschwimmer.
Heute sind die rostenden Wracks Biotope für die Pflanzen und den Fischen der Ostsee.

Folgende Schiffe / Boot sollen im Speergebiet als Ziele versenkt wurden sein:

Name Typ, Bau-/Projekt-Nr. außer Dienst Zielschiff ab
Minenleg- und Räumschiff „Suhl“ „Habicht“, 2001 10.11.1967 ?
Minenleg- und Räumschiff „Frankfurt/Oder“ „Habicht“, 2007 15.10.1968 ?
Minenleg- und Räumschiff „Greifswald“ „Habicht“, 2012 15.10.1968 ?
Rettungsschiff R 11 „Habicht“, 2005 28.10.1970 ?
Küstenschutzschiff „Karl Liebknecht“ „Riga“, 50/3 01.10. 1968 1969
Landungsschiff „Lübben“ „Robbe“, 47.03 22.11.1976 1978
Landungsschiff „Eberswalde“ „Robbe“, 47.05 22.11.1976 1978
Landungsschiff „Grimmen“ „Robbe“, 47.02 06.10.1978 ?
Landungsboot Labo, 46.0 22.11.1976 ?
Landungsboot Labo, 46.1 22.11.1976 ?
Hilfsboot „Lumme“ ex. „Lommel“ 08.02.1971 ?

Das U-Jagdschiff Typ „Hai“, „Grevesmühlen“ (Projekt-Nr.: 12.401; 21.10.1983 a.D.) dienten nach der Außerdienststellung zur Schockerprobung. Das Schiff lag vor Anker und wurde über mehrere Tage mit 25 Unterwasserdetonationen, je 550 kg TNT, aus verschiedenen Richtungen mit unterschiedlichen Abständen angesprengt. An Bord befand eine Meß- und eine Aufnahmegruppe. Später wurde das Schiff mit 30 mm und 57 mm Schiffsartillerie sowie mit ungelenkten Raketen von Hubschrauber des MHG-18 aus beschossen. Damit sollte die Trefferwirkung analysieren werden. Dies geschah über mehrere Wochen aus unterschiedlicher Entfernung.
Nach Zeugenaussagen wurde der Artilleriebeschuss u.a. durch ein Landungsschiff Projekt 108 durchgeführt. Nach der ersten Schuß-Serie ging ein Team auf das Zielschiff zur Trefferaufnahme per Kamera. Die Treffer wurden mit Farbe gekennzeichnet um sie von der zweiten Serie zu unterscheiden.
Die ex. „Grevesmühlen“ wurde nicht versenkt. Sie lag nach dem Beschuß bis zur Verschrottung am Liegeplatz 1 im Peenemünder Hafen.

Ein weiterer U-Jäger wurde zum Manöver „Waffenbrüderschaft 80“ gelb angestrichen. Es sollte durch Bomben und Schiffsraketen im Schießgebiet vernichtet werden. Um welches Schiff es sich handelt ist unbekannt.
Nach Zeitzeugen sollen die U-Jagdschiff „Sternberg“ (Projekt-Nr.: 12.404; 28.02.1984 a.D.), „Wismar“ (Projekt-Nr. 12.403; 02.05.1980 a.D.) und die „Bützow“ (Projekt-Nr.: 12.409; 10.07.1981 a.D.) ebenfall als Zielschiffe verwendet wurden sein.

 

Ausschnitte aus NVA-Dokumentationsfilme des Armeefilmstudio
Manöver „Waffenbrüderschaft 70“
Manöver „Waffenbrüderschaft 80“ Filmtitel: „Dem Frieden verpflichtet“
 
       

 

 

 

Danke für die Informationen und Fotos von Klaus Braune, Reinhard Kramer, Hartmut Leiste und Hans-Jürgen Schiller.

© 2021 Peter Kieschnick